26. Jan. 2025
Kim und Ella
Jara
Also, wenn ihr irgendwas nicht beantworten wollt oder sowas, dann beantwortet ihr das einfach nicht, das ist ja logisch.
Das streichen wir, das wird ja transkribiert, also das ist überhaupt gar kein Stress.
Wir müssen ein bisschen gucken, dass wir es in so einer Länge halten, die abbildbar ist hinterher, also auch schriftlich.
Ja, also ich hätte gerne eine kurze Vorstellung von euch einzeln, damit man... Also man sieht ja das Bild von euch, aber dann hat man so ein bisschen einen ersten Eindruck.
Ihr könnt euch gern aussuchen, ob ihr das so in Stichpunkt machen wollt oder biografisch oder ob ihr so ein bisschen erzählen wollt, wer ihr seid. Wie sich das gut anfühlt.
Kim
Okay, also ich bin Kim, ich bin 19 Jahre alt und ich studiere momentan Bio in Köln. Und, ja... Muss ich noch irgendwas Interessantes erzählen?
Ich fotografiere gerne und ich male gerne.
Ella
Ich bin Ella, auch 19 Jahre alt, drei Monate jünger. Ich studiere Jura in Hagen.
Also es ist eine Fernuni, aber der Sitz ist in Hagen.
Und ansonsten mach ich so semi viele Sachen. Aber ich stricke gerne, ich gucke gerne Fußball.
Jara
Wie steht ihr zueinander, in welcher Beziehung, wie habt ihr euch kennengelernt, was möchtet ihr mir da erzählen?
Ella
Wie lange kennen wir uns? Seit zwei Jahren? Müsste, eigentlich, ja. Also wir haben uns kennengelernt über meinen Ex-Freund, den Kim ja schon sehr lange kennt.
Und dann haben wir uns ja getrennt. Also ich und mein Ex-Freund haben uns getrennt. Und seitdem bin ich immer näher zu euch oder zu dir gerückt und er immer weiter weg.
Aber jetzt seit einem Jahr oder so, sind wir uns ja sehr nah. Also wir sind ja so eine ganz kleine Gruppe. Aber ich würde schon sagen, dass ich da mit dir am meisten kommuniziere.
Und generell auch so ziemlich von allen Menschen, die ich kenne, glaube ich, am meisten mit dir kommuniziere. Und das ist sehr schön.
Kim
Ja, das würde ich auch sagen. Wir haben uns in der Schule kennengelernt irgendwie. Ich weiß gar nicht mehr, wie das zustande kam.
Ella
Ich kannte euch ja gar nicht. Und dann hat Jan mir immer so ein bisschen was über euch alle erzählt.
Und dann fand ich euch ganz cool. Es ist übrigens sehr erstaunlich, dass wir uns erst so spät kennengelernt haben.
Weil wir waren echt sehr lange auf einer Schule. Und wir haben aber nie Kontakt gehabt. Und dann war Corona.
Das heißt, da hat man eh niemanden kennengelernt. Dann erst in der elften Klasse.
Jara
Gibt es benennbare Unterschiede, die euch ausmachen oder einander bedingen?
Ella
Also wir sind schon unterschiedlich.
Kim
Ja, würde ich auch sagen. Aber kann man das so benennen?
Ella
Also ich kann echt nicht so gut laufen. Und du schon.
Das ist ein Ding. Das ist auf jeden Fall ein sehbarer Unterschied.
Kim
Das stimmt.
Ella
Ansonsten würde ich sagen, wir sind uns grundsätzlich recht ähnlich. Wir haben sehr ähnliche Ansichten und Einstellungen. Aber wir sind auch recht verschieden.
Du bist grundsätzlich ruhiger und analytischer als ich. Ich bin manchmal ein bisschen stressiger vom Wesen her, glaube ich, als du.
Aber an sich sind wir in unserer Kommunikation und in unseren Ansichten halt sehr gleich.
Deswegen würde ich sagen, gibt es nicht so merkbare Unterschiede.
Immer, wenn es auch so emotionale Sachen gibt und so Trennung und so, sind wir eigentlich immer auf einer Wellenlänge. Da haben wir keinen großen Unterschied.
Wenn man drüber nachdenkt, also wenn man uns so sieht und hört und so weiter, sind wir uns eigentlich gar nicht ähnlich.
Aber ich glaube, so weiter drin schon.
Kim
Ja, würde ich auch sagen. Einstellungsmäßig und von unserer Weltansicht.
Jara
Gibt es etwas, das eine von euch stört, also an sich selber, was die andere schätzt?
Kim
Oh, das ist eine sehr tiefgründige Frage. Das ist wirklich eine tiefgründige Frage.
Ella
Boah, das ist wirklich eine gute Frage. Das ist ja leichter zu beantworten wahrscheinlich, wenn man so drüber nachdenkt, was einen selber stört und was die andere Person darüber denkt.
Das ist ja der Sinn von der Frage. Also in Sozialinteraktion stört mich manchmal bei mir total, dass ich so Schwierigkeiten habe, so Dynamiken zu lesen. Das ich, wenn wir jetzt mit mehreren Leuten unterwegs sind, gar nicht so richtig weiß, wie jetzt jeder zueinander steht und das manchmal sehr schwierig finde.
Ich glaube nicht, dass es etwas ist, was dich stört.
Kim
Nö, gar nicht.
Ella
Es stört mich selber. Ansonsten hat ja jeder so seine Sachen, die einen stören.
Aber du fragst dann immer nach, das finde ich sehr gut.
Das ist ja eine voll gute Sache, dass du so oft drüber reden kannst, wenn du etwas nicht verstehst.
Jara
Also habt ihr ja eine Lösung auch für sowas zusammen.
Ella
Ja, generell finde ich es voll cool, dass wir halt immer über alles reden.
Dieses soziale, man stellt sich selbst keine Fragen, sondern sagt einfach, was man denkt.
Da kommen, glaube ich, ganz viele Leute nicht gut mit klar, aber für uns ist das voll die gute Art zu kommunizieren.
Wenn man in Situationen nicht weiß, ob man das richtig verstanden hat, sozialmäßig, da können wir uns fragen.
Ob das jetzt die andere Person genauso wahrgenommen hat oder eher nicht.
Auch wenn wir ähnliche Ansichten haben, ist es trotzdem unterschiedlich, sodass, wenn ich jetzt sage, okay, „ich verstehe das ja alles gerade nicht“ du so „ja, vielleicht ist es so und so“ bist und dann können wir relativ reflektiert, glaube ich, über alles reden.
Und das ist ziemlich cool.
Jara
Was habt ihr voneinander gelernt?
Ella
Ach, viel, glaube ich.
Kim
Ja, denke ich auch. Also, emotional total viel.
Ella
Ich fand zum Beispiel, schweres Thema, aber die Situation mit deinem Opa (Kims Großvater ist vor kurzem verstorben).
Ich fand es super beeindruckend, wie du das alles geregelt hast, dass du so da warst. Du warst so richtig in dem Moment und hast dich um alles gekümmert und das fand ich beeindruckend.
Und da habe ich, also hatte ich das Gefühl, ich habe das nicht gelernt, wie man so im Moment ist. Und so ruhig sein kann in solchen Momenten.
Und dachte mir auch, ey, wenn ich das auch könnte, das wäre echt cool.
Ansonsten, so gute Kommunikation unter Freunden, würde ich sagen.
Mir ist letztens nochmal aufgefallen, ich hatte sehr lange keine weiblichen Freunde mehr und das ist eigentlich kein Unterschied. Das ist ja eine Charaktersache.
Aber seit ich mit euch und vor allem mit dir so besser befreundet bin, es ist schon ein anderes Reden.
Ich fühle mich emotional viel mehr wahrgenommen und das ist richtig cool, weil ich dadurch quasi gelernt habe, dass ich mich auch so krass öffnen kann, was ich vielleicht sonst eher so bei meiner Familie gemacht habe, aber das ist ja auch nicht immer das Richtige. Dadurch habe ich gelernt, viel besser auch mit mir klar zu kommen.
Durch die Kommunikation mit dir vor allem.
Kim
Und auch so Problemlösungen, also wir können sehr gut Sachen diskutieren, weil auch von anderen Ansichten zu lernen oder Problemlösungen wie jetzt die Sachen beim Opa, da konnte ich immer viel mit dir darüber reden und da haben wir diskutiert, wie man jetzt Sachen lösen kann. Generell in der Zeit war es ja irgendwie super anstrengend.
Und dann konnten wir darüber reden und entweder Probleme sofort lösen oder halt darüber nachdenken, ganz reflektiert und dann andere Denkweisen wahrnehmen.
Ella
Es gibt keine Mauer, über die man gucken muss, um zu sehen, was kann ich sagen, was kann ich nicht sagen, was für Themen kann ich aufbringen.
Es ist ein; okay, ich komme nicht weiter und wenn mir irgendjemand dabei helfen kann, dann ist es im Zweifel immer Kim, weil sie immer eine andere Sichtweise hat und man immer gut drüber reden kann.
Kim
Und umgekehrt ist das Ella.
Jara
Bemerkt ihr durch die andere, dass ihr eure Umwelt anders wahrnehmt? Das können offensichtliche Dinge sein, das können aber auch nicht sichtbare Dinge sein.
So Sachen, wo man ganz selbstverständlich aufeinander eingeht, aber Barrieren auffallen. Hat sich darüber die Wahrnehmung draußen verändert? Weil das sind ja Bedürfnisse, die nicht nur die intern entstehen, sondern das sind ja auch Bedürfnisse, die der andere Mensch nach außen hat und wo man so partizipieren lernt…
Kim
Ja, das mit dem Rollstuhl ist ein interessantes Beispiel.
Wir wollten letztes Jahr zur Gamescom und haben überlegt „gut, wie kommen wir hin?“.
Vielleicht mit dem Zug, weil das war ja in Köln und ich dachte, Köln ist relativ barrierefrei, hat sich herausgestellt, der Bahnhof ist es gar nicht.
Und das sind so Sachen, da denkst du vorher nicht drüber nach. Aber jetzt auch außerhalb von der Rollstuhlsache, also generell, wenn man Aktivitäten macht, dass man halt darüber nachdenkt, ob das für die andere Person okay ist, wenn man jetzt irgendwie rausgeht und da ist es voll und laut, so Demos oder CSDs oder wo auch immer wir waren, ob das okay ist für die andere Person.
Ella
Ich finde, du hast einen viel erweiterten Horizont als ich.
Ich bin in meiner sehr kleinen Bubble und ich bin immer sehr schwierig mit neuen Sachen und das heißt auch, dass ich recht fest gefahren bin. Ich finde zum Beispiel, deine Beziehung zu Mark und dieser Bubble oder generell dieses immer verschiedene Sachen machen… das mit Leipzig, mit der Body Farm und so, diese ganzen Ideen und dieses ganze weite Spektrum an Sachen, die du weißt oder wissen möchtest, finde ich sehr cool und das zeigt mir immer so, dass es ganz viele Sachen gibt und das brauche ich, glaube ich, manchmal, weil ich bin manchmal sehr fest gefahren. Ich finde das cool.
Jara
Was ist euch wichtig, um gut im Alltag leben zu können? Wünscht ihr euch irgendwas? Also wir sind ja jetzt auch schon so weit, dass wir darüber geredet haben, dass jeder so seine Bedürfnisse hat.
Ihr merkt das ja auch persönlich im Alltag und man denkt ja dann auch irgendwie automatisch, wenn man andere Perspektiven sieht, auch mehr daran, wie sehen andere Perspektiven noch aus.
Gibt es irgendwas, was ihr euch für euch oder für eure Umwelt wünscht, was sich gesellschaftlich verändern könnte, damit es allen besser gehen kann?
Ella
Ich glaube, da könnten wir jetzt viel drüber reden. Das geht ja von A bis Z, was jetzt gerade vor allem politisch ist, was Klimawandel ist, was Barrierefreiheit ist, großes Thema für mich.
Also generell merkt man ja auch durch andere Personen, was andere Personen für Probleme haben, wie eingeschränkt manche Leute sind durch die Gesellschaft, in der wir leben.
Und da kann man halt super viel ändern. Ich finde das manchmal auch ein bisschen so einengend, dass man so selber ganz viele Ideen hat, was sich ändern könnte, aber man halt ja grundsätzlich nicht so viel alleine machen kann. Das ist auch manchmal ein bisschen verrückt.
Kim
Und ja, auch wie wir vorhin gesagt haben, Perspektiven tolerieren von anderen, weil die sich ja überschneiden können, aber die müssen sich ja nicht so verdrängen.
Und dass man halt die Perspektiven von anderen wahrnimmt und das tolerieren kann, wo wir vorhin über zum Beispiel akustische Reize oder sowas gesprochen haben, dass es einer Person damit schlecht geht, dass man das dann akzeptieren muss und nicht dagegen ankämpfen sollte. Generell Akzeptanz ist ein großes Thema, finde ich.
Ella
Akzeptanz, Toleranz, sowas.
Jara
Merkt ihr, dass ihr in der Öffentlichkeit anders behandelt werdet?
Kim
Anders als was?
Jara
Also entweder im gegenseitigen Kontext, aber auch im eigenen Kontext. Fällt euch auf, dass ihr manchmal durch eigene Verhaltensweisen oder sowas irgendwo einen Zugang verwehrt bekommt oder irgendwie merkt, dass andere Menschen das vielleicht als leichter beurteilen oder dass es nicht für einen selbst gemacht ist?
Ella
Das ist ein Thema für uns. Wir sehen beide nicht so aus, wie das Bild von so weiblichen Personen in der Gesellschaft ist.
Das ist immer schon mal so ein Ding. Zum Beispiel, als Kim auf dem Campingplatz war und Leute euch gefragt haben, warum ihr hier auf der Toilette seid, weil Leute entweder sich nicht die Mühe machen zu überlegen oder sogar zu fragen.
Ich würde nie ein Problem damit haben, wenn jemand auf mich zukommt und sagt; ey, wiie kann man dich einordnen? Das fände ich voll okay.
Aber es macht halt niemand. Das fühlt sich dann so an, als würde man…man weiß halt nicht, was die Leute von einem denken und das ist schwierig.
Aber ich kann auf jeden Fall dazu sagen, dass ich ich ja mit und ohne Rollstuhl kenne. Mit Rollstuhl es ist schon anders, man wird anders wahrgenommen.
Ich werde vor allem viel angestarrt. Das war vorher auch schon so, ich hatte eigentlich immer bunte Haare, da gucken vor allem auch alte Leute immer mal schön.
Aber jetzt im Rollstuhl ist es halt nochmal extremer. Es ist aber auch ganz cool, die verschiedenen Wahrnehmungen zu sehen. Kinder zum Beispiel sind immer eher fasziniert, gucken mich immer an und sind so: okay.
Also ich stelle mir das immer vor, wie sie denken; okay, ich kenne vielleicht meinen Opa, der im Rollstuhl sitzt, aber der ist halt alt. Dann sehen sie mich und ich bin noch recht jung und sind verwirrt oder fragen ihre Eltern so; Mama, was ist da los.
Ich finde das faszinierend, weil sie so nicht wertend gucken, während erwachsene Menschen einen immer eher wertend angucken, finde ich.
Kim
Aber man muss auch dazu sagen, wir sind in so einer Bubble, wo es einfach okay ist, dass wir sind und das hinterfragt jetzt keiner super kritisch.
Zumindest mit den Leuten, mit denen wir uns gerne umgeben und häufig ist es so, dass ich das mitnehme und dann ist mir einfach egal, was die anderen denken.
Wenn irgendwas komisch rüber kommt, manchmal merke ich es auch einfach gar nicht und die Person guckt einen dann vielleicht seltsam an und dann denke ich so; ja, okay vielleicht ist es einfach eine logische Situation.
Ella
Aber zum Beispiel, wenn wir mit Maya und Mia unterwegs sind, das sind zwei Freundinnen von uns, werden die schon anders wahrgenommen, als wir.
Würde ich sagen, schon allein von diesem äußerlichen Aspekt her. Das merkt man manchmal, aber es ist nichts, was mich stört und ich glaube dich auch gar nicht.
Deswegen ist es ist überhaupt nicht schlimm.
Generell, aktuell werde ich immer anders wahrgenommen, aber das finde ich auch nicht mehr schlimm, ich fand es am Anfang nicht so schlimm, mittlerweile finde ich es gar nicht mehr schlimm.
Kim
Ich finde es auch eher lustig, so vom Aussehen her, wenn jemand verwirrt ist, wie man die Person zuordnet.
Das ist ein paar Mal passiert, dass irgendjemand eigentlich versucht hat gemein zu sein und dann gemerkt hat; hey, Sekunde, irgendwas stimmt nicht und das ist immer eine gute Sache.
Das ist immer eine lustige Situation im Endeffekt.
Ella
Ich habe auch immer eine Menge Spaß, wenn ein kleines Kind zu mir sagt, was hat der Junge da?
Und ich denke immer so, ja, ist aber gut. Ich finde das mit den Kindern vor allem, weil das ist immer Neugier und das ist eigentlich immer was Gutes, finde ich.
Kim
In Frankreich bin ich immer Monsieur Madame genannt worden, das war cool.
Jara
Wollt ihr irgendwas hinzufügen? Diese Projektarbeit wird ja gezeigt und die Leute sehen das Porträt von euch, also sie können assoziieren zu dem, was sie sehen und haben dazu noch das Interview gewählt, da ist ja schon voll viel drin.
Ihr habt euch ja auch bewusst entschieden, hier mitzumachen, das hat ja auch Gründe irgendwie…
Ella
Nur in der Hinsicht, wenn das jemand liest, dass man einfach generell, jeder Mensch ist unterschiedlich. Es ist wichtig, das zu zeigen und darüber zu reden und somit vielleicht mehr zu verstehen, wie andere Leute denken. Ich finde, das ist eine wichtige Sache, die oft zu wenig gemacht wird.
Kim
Und auch das Gemeinsamkeit und Unterschied, ob das jetzt körperlich ist oder von irgendwelchen Ansichten her, was bei uns jetzt vielleicht nicht der Fall ist, aber gibt es ja mit Sicherheit auch, dass es in freundschaftlichen Beziehungen oder in anderen Beziehungen halt egal ist und dass man die andere Person so akzeptieren kann.
Jara
Ich finde es total spannend, dass ja im Grunde genommen alle Leute, die in dem Projekt mitmachen, sich sehr bewusst über sowas sind.
Also, da hat ja diese Auseinandersetzung schon stattgefunden und trotzdem begegnen wir ja auch, also jeder von uns begegnet ja auch Dingen, die uns fremd sind oder sich so anfühlen.
Was ist da für euch so ein Appell, den man mitgeben kann, weil ihr halt jetzt bewusst mit dieser Sache umgeht. Was würdet ihr da den Leuten raten, wie geht ihr auf andere Sachen ein, wenn ihr merkt, dass irgendwas für euch fremd ist?
Kim
Ja, vielleicht einfach mit Neugier. Neugier ist doch immer eine gute Sache, oder?
Da macht man eigentlich nichts falsch, würde ich sagen, wenn man freundlich bleibt und die Sachen so annehmen kann.
Ella
Ich würde auch sagen, immer fragen, weil solange man höflich ist und auch aus einem positiven Interesse und nicht aus einem verurteilenden und negativen Interesse fragt, tut das ja niemandem weh. Wenn ich jetzt was frage, kannst du ja immer noch sagen, möchte ich nicht sagen.
Und dann ist das ja voll okay. Dann fühle ich mich nicht angegriffen, dann fühlst du dich nicht angegriffen im besten Fall.
Und wenn du es doch beantwortest, habe ich was gelernt und du fühlst dich vielleicht mehr verstanden.
Und das ist ja eigentlich so das Ding. Ich sehe da kein Problem, aber viele Leute sehen da, glaube ich, ein Problem, einfach mal zu fragen.
Und das ist eine Sache, die wir als Gesellschaft mehr machen sollten.
Kim
Haben wir vorhin auch drüber geredet, dass fast alles, was man weiß oder was man so lernt, dass das eigentlich eine gute Sache ist.
Und da ist ja Fragen und Kommunikation ein guter Punkt, da reinzukommen.
Jara
Abschließende Frage, auch nochmal an dich Ella, ob du nochmal etwas zu deiner Krankheit sagen willst, also ob das für dich jetzt eine Sache ist, wo du sagst; okay, ich kann das mitnutzen, um auch Leute vielleicht aufzuklären denen es entweder ähnlich geht oder wo das irgendwie im Bekanntenkreis stattfindet oder um generell über eine unbekannte Krankheit aufzuklären.
Ella
Ja, das stimmt. Ja, also ich habe ME-CFS. Es ist nicht so bekannt und wenn ich jetzt zu einem neuen Hausarzt gehen würde und ich würde ihm das sagen, der wird das gar nicht kennen wahrscheinlich.
Es ist nicht sonderlich erforscht. Es wird jetzt gerade so langsam, kommt das so dran, aber es ist trotzdem was, was halt dadurch niemand versteht und was manchmal schwierig zu verstehen ist.
Ich kann laufen, ich kann stehen, nur halt für eine kurze Zeit und es ist glaube ich für viele Leute schwierig zu verstehen; du hast ja all deine körperlichen Funktionen, warum kannst du sie nicht einfach nutzen?
Kann ich halt nicht, weil mein Körper zu schwach ist, um all diese Dinge zu machen und ich viele Sachen machen kann für kurze Zeit.
Zum Beispiel immer, wenn ich rausgehe, wenn ich Auto fahre, also Autofahren geht tatsächlich noch. Es ist nicht nur das Körperliche, es ist nicht nur, wenn ich jetzt zwei Treppen hoch laufe, dass ich mich danach erstmal hinsetzen muss. Das ist es auch, aber es ist auch, dass von der Wahrnehmung her, wenn zu viel auf mich einprasselt, werde ich müde und dann muss ich mich erstmal einen Tag lang ausruhen. Generell muss man gucken, was mache ich und ist es mir das wert, dass ich das mache, wenn ich danach zwei Tage liegen muss?
Es ist immer so ein Abwägen von was mache ich und was bin ich bereit dafür zu geben, weil man halt immer was geben muss dafür. Also ist es kein, ich mache das mal eben, sondern es ist immer ein, mache ich das und lebe danach mit den Konsequenzen. Das macht es halt ganz anders im Alltag, glaube ich, als jetzt für einen Menschen, der seinen Körper normal benutzen kann, also für einen gesunden Menschen. Wenn man es versteht, ist es okay, aber ich würde auch sagen, dass ich immer Tage habe, an denen ich traurig bin, an denen ich sauer bin, dass ich halt nicht alles so machen kann, wie ich es auch gerne machen würde.
Es ist ja nicht, wie zum Beispiel bei einer Depression, wo man nicht aus dem Bett kommt. Das körperlich ist dann ja auch ein Problem, aber es ist vor allem ja auch, man schafft das mental nicht.
Ich will. Ich bin grundsätzlich ein mental relativ fitter Mensch, ich bin eigentlich sehr glücklich in meiner Person und ich würde gerne so viele Sachen machen, ich habe so viele Projekte, die ich irgendwann mal machen wollte und manchmal ist es schwierig zu akzeptieren, dass ich das einfach nicht kann. Deswegen habe ich auch schlechte Tage damit, so ist es nicht, aber an den meisten Tagen habe ich es akzeptiert und komme dann auch ganz gut damit klar, dass ich halt eigentlich alle Sachen nicht so machen kann, wie die meisten Leute. Aber das ist trotzdem immer schön, wenn andere Leute das verstehen und dann auch fragen und sich denken; oh, das verstehe ich nicht und deswegen kann ich auch gar nichts dazu sagen oder fragen; ey, wie geht es dir, weil man immer denkt, man sagt, was falsches.
Im Endeffekt, in Kommunikation sagt man immer irgendwann was das falsch ist, aber das ist ja okay.
Wenn wir alle nett miteinander sind und man höflich fragt und kann man ja erklären und dann fühlt man sich vielleicht auch besser und verstanden und das habe ich jetzt oft gehabt mit vielen coolen Leuten und das ist ganz schön.
Jara
Kim, du noch einen Abschluss oder irgendwas?
Kim
Willst du noch irgendwas bestimmtes?
Jara
Weiß nicht.
Kim
Ich auch nicht.
Jara
Mach das auch zum ersten Mal.
Kim
Keine Ahnung. Bisschen dancen.